Im Wandel

Moin und Hallo

Da bin ich wieder. In meinem letzten Beitrag habe ich mit dem Thema Frühling begonnen. In keiner anderen Jahreszeit, finde ich den Wandel so extrem und vielfältig. Alles scheint plötzlich in einer Startposition zu stehen. Die Vorsätze vom Jahresbeginn haben sich ein gutes Maß relativiert oder als schwierig erwiesen. So schön eine Verwandlung bei einem Schmetterling zu betrachten ist, so müssen wir bei uns doch oft erkennen, dass Veränderung harte Arbeit bedeutet.  Meist ein schmerzhafter Prozess. Der sich nicht selten sehr in die Länge ziehen kann.

 

Paula saß am Küchentisch und schaute aus dem Fenster. In der gleichen Taktung wie ihre Tränen liefen auch die Regentropfen an der Scheibe hinab und hinterließen Spurrillen.

Am Anfang wischte Paula noch das ein oder andere Mal über ihr Gesicht, aber der nasse Strom war nicht aufzuhalten und so ließ sie es.

Wie sollte es nur weitergehen. In den letzten Wochen hatte sie sich regelrecht abgemüht. Ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Pläne geschmiedet, Listen geschrieben, in sich hineingehört. Sie wollte so gerne etwas verändern.

In den einzelnen Lektüren, die sie gelesen ja fast verschlungen hatte, hörte sich immer alles ganz einfach an. Die schön ausformulierten Leitsätze, die herausgeschrieben so klar und doch so schwer zu verinnerlichen waren.

Manchmal waren es Geschichten und die heldenhaften Personen waren stark und im Hintergrund saß dann ein Mentor, der die Fäden gezogen hatte.

Sie selbst war nicht allein, aber einen Mentor besaß sie trotzdem nicht. Eines hatte sie das Leben gelehrt. Wenn du dich nicht selbst um alles kümmerst und dich bewegst, dann wird sich nichts verändern.

So hatte sie es immer versucht zu halten. Versucht. Eins der Wörter, dass sie hasste wie die Pest. Versucht ist gleichbedeutend mit gescheitert. Wenn, ich etwas versuche, dann ist es ohne Abschluss. Diese Erkenntnis trug sie sei Jahren mit sich herum. Sie hatte sich stets bemüht. Auch so ein Satz, der es nicht besser machte. Nicht, dass alle Personen, die sie kannte, ihr Leben im Griff hätten. Das nicht. Aber es ist leichter auf die Fehler und Unliebsamkeiten von anderen zu schauen als sich um die eigenen zu kümmern. Bei so manch gutem Vorschlag hätte sie ihrem Gegenüber am liebsten geraten mal an die eigene Nase zu fassen. Aber wozu. Es brachte ihr nichts.

Paula saß nun schon eine halbe Ewigkeit dort am Tisch. Man sollte nicht meinen das so viele Tränen im Körper Platz hatten. Wo die wohl alle herkamen. Draußen auf der anderen Seite des Fensters war es besser zu erkennen. Der Himmel war immer noch dunkel und wolkig und auch da schien kein Ende der nassen Pracht in Sicht. Die Tropfen klatschen an die Scheibe und liefen herab.

Im Gegensatz zu Paulas Tränen rannten die kleinen Wassertropfen regelrecht. Ob der Himmel sich nach so einem Sturzregen wohl auch befreit fühlt? Schließlich gibt es doch den Spruch – Der Himmel weint. Blödsinn. Ihre Fantasie ging mal wieder mit ihr durch. Früher hätte sie darüber gelächelt. Doch heute fehlte ihr sogar die Kraft, um ihre Mundwinkel auch nur einen Hauch anzuheben.

Nach einer Weile wurde der Tränenfluss langsamer. Seichter. Es heißt immer heilende Tränen wären dies. Auch das hatte sie gelesen. Sie mochte diese Vorstellung. Irgendwie tröstlich. Aber wovon sollte sie geheilt werden. Von ihren Wünschen, die sich nicht zu erfüllen schien, egal wie sie sich abmühte.

Ihrem Umfeld brauchte sie mit solch einem Thema gar nicht kommen. Die schüttelten sowieso schon alle den Kopf. „Was willst du. Dir geht es doch gut. Du hast einen großartigen Job, genügend Geld, bist gesund und …“ Die Aufzählungen hatten etwas Ermüdendes an sich. Paula hatte bald abgeschaltet. Sie war es leid sich erklären zu müssen. Am Anfang hatte sie es oft und gerne versucht. Mit leuchtenden Augen und voll Enthusiasmus hatte sie ihre Pläne dargelegt. Immer und immer wieder. Doch das Leben hatte ihr gezeigt, dass etwas wollen und etwas können nicht immer dasselbe sind.

In einem Buch war die Rede davon, dass es nicht alle, die es gerne möchten schaffen sich zu wandeln. Manche träumen nur von dem Leben, dass sie führen könnten, aber sie finden immer eine Ausrede, warum es jetzt nicht passt, und scheitern zum Schluss. Sie war bei diesem Satz regelrecht erstarrt.

Sie wollte kein Träumer sein. Keiner der nur auf den Teller schaut und nicht darüber hinaus. Sie wollte Weite und ihre Ideen verwirklichen. Wollte keine Ausreden mehr für sich suchen. Nicht immer ja sagen zu Aufgaben, die eigentlich nicht ihre waren.

Nicht nur durch ein Schlüsselloch schauen, sondern mutig die Tür aufstoßen. Nicht unbeherrscht dass sie gegen die Wand haute. Kraftvoll sollte es sein. Sie wollte so sein. Nicht mit gebeugtem Gesicht leise durch die Öffnung schleichen, sondern das Ziel kennend mit hoch erhobenem Kopf und einem klaren Blick nach vorne gerichtet.

Draußen hatte es aufgehört zu regnen. Die Sonne schob sich durch die Wolkenfetzen und breitete sich aus. Nahm wie selbstverständlich Raum ein. Das musste sie noch lernen. Auf natürliche Weise präsent zu sein. Sich nicht verdrängen lassen. Und schon gar nicht das Feld von allein räumen.

Paula stand auf und öffnete das Fenster. Nicht nur einen Spalt, sondern weit. Sie wollte die Veränderung spüren. Die Strahlen auf ihrem Gesicht kitzeln lassen. Sog tief einatmend die Luft ein. Es roch herrlich. Frisch und nach den Blumen, die sich nun Richtung der Wärmequelle drehten. Sie hörte die einzelnen Vögel zwitschern. Sie kannte alle. Nicht unbedingt die Namen, aber die Töne, die Melodien. Diese Unermüdlichkeit deren Textinhalt scheinbar nur ein Thema hatte. Ihr Ziel erreichen.

Ein kleiner Schmetterling flatterte auf sie zu und setzte sich auf die Fensterbank. Er hatte es schon geschafft. Hatte sich verwandelt, neu entwickelt. Wie jedes Jahr Unmengen von seinen Artgenossen. Eine Spezies, die sowohl zart als auch stark war. Wo wäre er wohl, wenn er ständig Selbstzweifel hätte. Wenn er sein Ziel aus den Augen verlieren würde.

Sie schaute auf das kleine Tierchen, das nun seine Flügel weitete und sich wieder auf seinen Weg machte. Es hatte nun wohl genug Kraft geschöpft. Seine Pause war zu Ende.

Das wollte sie auch. Sie hatte es verstanden. Es ist gut eine Pause zu machen und Kraft zu schöpfen. Aber um etwas zu ändern, muss man weiter auf seinem Weg gehen.

Paula hat noch mal die Kurve bekommen. Manchmal ist es eine Pause, die uns im Endeffekt weiter voranbringt. Ein Rückblick auf das, was man schon vollbracht hat, kann ebenfalls sehr Kraft schöpfend sein.

In diesem Sinne. Schön, dass ihr mich ein Stück begleitet habt. Ich wünsche euch wie immer eine gute Zeit.

 

 

 

Veröffentlicht unter Blog