Das Bademodenphänomen

 

Moin und Hallo

Schön, dass ihr da seid. Der März hat begonnen. Wenn inzwischen auch des Öfteren die Sonne scheint, ist es doch noch ziemlich kalt. Zumindest ich empfinde es so. Mir wurde letztens auch schon der Vorteil der klaren Winterluft vorgeschwärmt, aber ich bin doch eher ein Typ für die Wärme.

Wer an Winter und Wärme denkt, kommt entweder auf Urlaub im Süden oder auf die gute alte Sauna.
Hier spielt auch folgende Geschichte.

Das Bademodenphänomen

Ela hatte soeben den Reißverschluss ihrer Sporttasche zugezogen, als es klingelte. Schnell lief sie zur Gegensprechanlage. „Komme.“ Einmal in der Woche verbrachte sie mit ihrer Freundin einen gemütlichen Feierabend.

Schön, dass du da bist.“ Unten auf der Straße angekommen, strahlte sie Finja mit einem breiten Lächeln an. Diese legte sogleich einen Arm um Elas Schultern und zog sie mit sich „Ich freue mich schon auf ein paar schöne Stunden in der Sauna mit dir. Das ist mein Highlight der Woche. Wasser und Wärme. Mein Element.“

Ela schaute ihrer Freundin von der Seite an. Sie beneidete Finja um ihre Begeisterung. Egal was sie unternahmen, für Finja war es immer etwas Besonderes. Sie hatte nie auch nur einen trüben Gedanken. An allem konnte sie etwas Gutes entdecken. Das Glas war immer halb voll. Ela war da schon kritischer und oft verhagelte sie sich mit schlechten Gedanken den Tag.

„Du bist so still. Ist etwas? Finja schaute Ela fragend an. „Nee, ich habe nur gerade festgestellt, dass du im Gegensatz zu mir immer gut drauf bist.“ „Man kann die meisten Dinge eh nicht ändern. Dann sich lieber darüber lustig machen.“ Finja zuckte mit den Schultern und schnitt eine Grimasse.

In der Saunalandschaft angekommen zogen sich beide flugs um. Nur schnell die Taschen parken, Handtücher schnappen und los. Tasche parken ging es dann doch nicht so schnell. Der Raum war recht voll und unübersichtlich. Mehrere Besucher hielten sich in der Übergangsschleuse auf, um zu essen oder etwas zu holen oder wegzuräumen. Ela schaute sich suchend nach einer freien Box um.

Ihr Blick blieb an einem der Kleiderhaken hängen, die in Kopfhöhe angebracht waren. Was war das für ein komisches Gebilde? Ein Kleidungsstück oder irgendeine modische Badekreation? Ein zur Hälfte auf links gedrehtes Teil hing interessant drapiert über dem Harken. Es war in erster Linie groß und lila mit Punkten und es tropfte. Ela vermutete eine Schwimmbekleidung. Zumindest im weitesten Sinne. Geschlechterspezifisch war es nicht erkennbar. Das schien dem Besucher, der auf einer Bank davorsaß, aber nicht den Appetit zu verderben. Er biss weiterhin herzhaft wie die Raupe Nimmersatt in seine Stulle. Ela schaute gebannt zu, wie Stück für Stück das Butterbrot kleiner wurde und die Wasserlache an seinen Füßen immer größer.

„Ela! Ela!“ Endlich drang Finjas Stimme zu ihr durch und Ela konnte sich aus der wasserbildenden Essenszeremonie losreißen und den Blick von der Kunstecke Marke „Unschön“ lösen. Sie blickte sich suchend nach Finja um.

„Hier.“ Mit einer Hand winkend machte diese auf sich aufmerksam. „Ich habe zwei.“ Finja war bis zum Ende durchgelaufen und bückte sich, um ihre Tasche einzulagern. Ela wollte es ihr gleichtun, als sie direkt auf den nächsten Harken starrte.

„Das kann doch wohl nicht wahr sein.“ Wieder so ein Teil. Dieses Mal in Schwarz, mit viel zu viel weiß an Stellen, wo es nicht sein sollte. Ela sprang ein Stück zur Seite und rempelte Finja dabei an. Diese schaute erstaunt hoch. „Stimmt was nicht? Bist du umgeknickt? Du siehst aus, als hättest du in eine Zitrone gebissen.“

„Nee alles gut. Lass uns bloß loslegen. Dicht hintereinander bahnten sie sich den Weg nach draußen. Ela kam nicht umher, nun auch alle anderen Harken zu inspizieren. Wie magisch angezogen dockte ihr Blick an jedem an und verharrte dort einen Moment. Einige waren leer oder es hingen Handtücher daran, aber andere. Brr, sie konnte es wirklich nicht fassen. Nur raus hier.

In den nächsten Stunden genossen die Freundinnen die Saunaaufgüsse und die Gespräche in den Pausen. Ela konnte endlich abschalten und so lief sie fröhlich hinter Finja her, um den letzten Gang zu starten. Die Sauna war im Außengelände. Der Abend nicht zu kalt. Einfach schön. Sie blieb noch einen Moment stehen und betrachtete die Sterne am Himmel.

„Ich kann den Mond gar nicht finden“, murmelte sie, als Finja hinter ihr laut auflachte. Erstaunt drehte sie sich, um zu schauen, was der Grund der Belustigung ihrer Freundin war. Diese zeigt mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf ein Teil, das vor ihr auf einer Bank lag.

„Der ist hier.“ Ela schaute genau hin und traute ihren Augen nicht. Ein großes, klitsch nasses, recht rundes Teil in Weiß, welches sie auch gleich identifizierte. „Wohl eher Badehose, Marke Schinken XXL“, konterte sie und rollte mit den Augen. „Modisch auf links. Ehrlich Finja, ich fühle mich heute schon verfolgt.“

„Ach was.“ Finja lachte, bis ihr die Tränen kamen. „Dieses Bademodenphänomen kannst du an jedem Gewässer finden. Gerne auch auf Strandkörben. Immer obenauf, damit sie auch von Weitem schon gesehen werden.“

Ela schüttelte schmunzelnd den Kopf. Wenn Finja lachte, konnte man einfach nicht ernst bleiben. „Ich vermute, dann hast du die anderen Teile vorhin auch gesehen.“ „Klar doch. Inzwischen bin ich dazu über gegangen, sie zu zählen. Heute waren es nicht so viel. Da geht noch was.“ „Finja, deine Sicht auf die Dinge des täglichen Lebens sind echt nicht zu toppen. Da kann ich noch einiges lernen.“

Die Sicht auf die Dinge des Lebens. Wer es schafft, mit einem Augenzwinkern durch Leben zu gehen, der versprüht wahrlich eine Portion Leichtigkeit um sich herum.
Ob es das Bademodenphänomen gibt oder nicht, könnt ihr nur selbst beantworten. Viel Spaß beim Herausfinden. Habt wieder eine schöne Zeit.