Moin und Hallo
Schön, euch wieder dabei zu haben. Ich war ein paar Tage unterwegs und habe dieses Mal für die Startseite eine Skizze von einem Bruchwasserläufer mitgebracht. Das Schöne am Reisen ist, man kann seine Gedanken laufen lassen. Ist zumindest bei mir so. Oft macht man sich auch unnötig Sorgen und landet in einer sehr unangenehmen Phase der Angst.
Im folgenden Beitrag kann Kati da ein Lied davon singen.
Kati stand vor dem Spiegel und strich über ihre Augenbrauen. Die Augenringe waren inzwischen nicht mehr zu übersehen. Die letzte Nacht war, wie so viele davor mit Albträumen durchsetzt.
„Ob Elli mich versteht?“ Die Angst breitete sich sofort in Kati aus. Wie immer, wenn sich der Gedanke an ihr Geheimnis in ihr breitmachte. „Später,“ überlegte sie mit einem Blick auf die Uhr. Die Schule fing bald an und sie hatte schon genug Probleme. Auf Zusätzliche hatte sie echt kein Bock.
Kaum hatte die Lehrkraft den Raum betreten, klappte diese die Tafel auf und enthüllte die Aufgaben. Übungsarbeit, Mathematik. Mathe war nicht das Problem. Das beherrschte Kati. Aber nicht auf diesem Platz. Seit der Neugestaltung der Gruppen saß sie in der letzten Ecke. Panik breitete sich in ihr aus und ein Schluchzer bahnte sich den Weg aus den Untiefen des Bauchraumes empor. Sie schluckte und schniefte und wühlte nach einem Tusch, aber die Tränen waren schon nicht mehr zu halten. Der ganze Körper bebte und Katis Angst, Aufmerksamkeit zu erregen, wuchs von Minute zu Minute.
Ihr Tischnachbar versuchte sie mit den Worten, „Ich verstehe die Aufgaben ebenfalls nicht“ zu trösten. Pah, dieser Ahnungslose. Eine Matheaufgabe hatte ihr noch nie Problem bereitet. Ihre Freundin Elli schaut herüber und legte den Kopf schief. „Was ist los“, flüsterte sie tonlos. Ohne die Möglichkeit einer Antwort saß Kati weiterhin schluchzend da. Die Lehrerin, ausgestattet mit dem Radar eines Wildtieres, hatte ihren Kopf gedreht und nahm sie in den Fokus. „Was ist denn hier los? Die Stimme war laut und durchdrang den gesamten Raum. Spätestens jetzt schaute alle in eine Richtung.
„Na großartig“, dachte Kati und wäre am liebsten unter dem Tisch verschwunden. Ihr Wunsch, dass die Erde sie verschlingen würde, war so intensiv, dass sie einen Moment ausharrte und darauf hoffte. Die Zeit blieb buchstäblich stehen. Die Lehrerin fixierte sie und wartete, während sie unablässig mit dem Fuß auf den Boden klopfte, auf eine Antwort. „Also, was ist hier los? Das geht alles von eurer Zeit ab.“ Die ersten Mitschüler fingen an zu maulen und Kati wurde abwechselnd heiß und kalt. Und das Gefühl, von allen angestarrt zu werden, ließ sie regelrecht schrumpfen. Mit tränengroßem Blick schaute sie zur Klassentür. Hatte Flucht einen Sinn? Sie seufzte tief.
Wie kam sie nur raus aus dieser Nummer. Alles in ihr weigerte sich, das auszusprechen, was schon seit geraumer Zeit wie ein Damoklesschwert über ihr hing. Die letzten Wochen waren schrecklich.
Sie senkte den Blick und murmelte leise einen Satz. „Ich…..mmmmm….“
„Was ist denn los mit dir? So kenne ich dich gar nicht.“ Ihre Lehrerin hatte sich hingehockt, sodass sie in Augenhöhe nebeneinander wären, wenn Kati nicht wieder auf den Tisch gestarrt hätte.
Sie schluckte mehrmals und atmete tief durch, um die richtigen Worte zu finden. Den Satz auszusprechen, der ihr Schicksal beschließen würde. Ihr einen Stempel aufdrücken würde. Sie stand buchstäblich mit dem Rücken an der Wand und hatte keine andere Wahl. Sich der Angst stellend schaute sie nacheinander in die Gesichter ihrer Freundin, des Tischnachbars und der Lehrerin. „Ich sehe nichts.“
Die Stille, die folgte, war ohrenbetäubend. Dann berührte die Lehrerin sanft Katis Schulter. „Gut, dass du es nun ausgesprochen hast.“
Das fand Kati auch. Ihre Erleichterung war grenzenlos. Alle Horrorszenarien sind auch später nicht eingetreten und Namen wie Brillenschlange etc. sind nie gefallen. Im Gegenteil, sie bekam viele Komplimente für ihre modernen Brillen.
Ich denke, wir alle haben schon Themen vor uns hergeschoben und wären vor lauter Sorge am liebsten in einem Mauseloch oder wo auch immer verschwunden.
Marc Twain 1835 – 1910 hat das wunderbar zusammengefasst.
„Ich hatte in meinem Leben viele Sorgen, von denen die meisten nie passiert sind.“
Für mich liegt viel Weisheit in diesem Satz.
Ich wünsch euch eine sorgenfreie Zeit.