Emmi Lus Sicht der Dinge

Moin und Hallo

Schön, ihr seid wieder dabei.
Letztens habe ich in einem meiner alten Skizzenbücher gestöbert. Eine Zeichnung von einem Kleinkind hat mich auf eine Idee gebracht. Das Bild ist auf der Startseite zu sehen und alles andere lest ihr im folgenden Text. Emmi Lu präsentiert hier ihre Sicht der Dinge.

Heute ist es schön warm. Der Himmel ist blau mit weißen flauschigen Flecken. Mama nennt sie „Schäfchenwolken“. Schäfchen kenne ich. Die mag ich und gutes Wetter auch. Mama sagt, „das ist ein Glückstag auf den Nordseeinseln.“ Papa ist das wohl egal. Er hat die Schultern hochgezogen, die Arme wackeln dabei hin und her. Das finde lustig und probiere es gleich mal aus. Das ist schwierig. Papa lacht mich an und nennt mich „kleine Ballerina“ keine Ahnung, was das ist. Aber egal. Ich mag, wenn Papa das sagt.
Ich habe es mir in meinem Buggy gemütlich gemacht. Wir wollen einkaufen gehen. Die neue Windel ist schön trocken und kneift ausnahmsweise mal nicht. Es ist nämlich sehr unangenehm, wenn sich das Gummi so eindrückt. Das tut dann so weh, dass ich meine Unzufriedenheit laut bekunde. Mama mag das nicht so gerne. Sie wird dann immer hektisch und zupft an mir herum.
„Was hast du denn?“
Was soll ich sagen, ich gebe ja schon lautstark Auskunft. Aber irgendwie sprechen wir nicht dieselbe Sprache. Egal. Jetzt ist alles prima.
In einer Hand halte ich ein Stück Brötchen, in der anderen mein Fläschchen. Der Tee ist so na ja, aber auf dem Gummisauger lässt sich prima drauf herumkauen. Vor allem wenn ich „zahne“. So nennt Mama das. Ich kenn mich damit nicht aus. Ich weiß nur, dass dann in meinem Mund alles dick ist. Meistens in der Nacht. Dann kann ich gar nicht schlafen und muss ganz viel weinen. Manchmal schreie ich auch laut, weil ich nicht weiß, was ich machen soll.
Aber jetzt ist es Tag und zum Quietschen schön und so warm, dass ich meine Socken schon mehrere Male ausgezogen und aus dem Wagen befördert habe. Aber Mama ist echt hartnäckig. Nun will sie sie mir schon wieder anziehen. Ich verziehe kräftig das Gesicht und hole vorsorglich schon mal Luft.
„Okay, ich habe es verstanden. Keine Socken.“ Mama lacht mich an und ich lache zurück. Vielleicht wird das mit der gemeinsamen Sprache doch noch etwas. Ich versuche es gleich noch einmal und ziehe an der Mütze. „Oh nein, mein Spatz, keine Chance. Die Mütze bleibt auf.“ Mamas Tonfall hat sich geändert. Ich denke, mit der Mütze warte ich noch etwas.

Ich schaue mit lieber das rote Ding mit den schwarzen Punkten an, das auf meiner Hose sitzt. Das kenn ich doch. „Schau mal Emmi Lu, ein Marienkäfer.“ Ja genau, aber so ein langes Wort kann ich mir nicht merken. Aber ich weiß schon Kuh, Vogel, Katze, Hund und Fisch. Und ich kenne „Flotte Biene“. Das sagt Papa immer, wenn Mama das bunte Kleid anhat. Mama wackelt dann immer mit dem Kopf. Vielleicht weil er so rot ist. Ob das Spaß macht? Ich probiere das mal. „Warum schüttelst du denn den Kopf.“ Mama lacht nun wieder ganz vergnügt und ich freue mich auch.
Wir schlendern weiter an der Promenade entlang. Von Weitem sind schon die ersten Läden zu sehen.
„Oje, Emmi Lu, gleich haben wir wieder Stress. Frau „Huhu“ ist im Anmarsch.“ Mama zieht die beiden Balken über den Augen hoch. Das sieht lustig aus und ich versuchte es.
Ich bin noch mitten am Üben, da höre ich eine Stimme. „Huhu, Frau Nachbarin.“ Die Stimme kenne ich. Mir wird unangenehm im Bauch. Ob das Stress ist? „Da ist ja unser Schreihals. Hast du deine Mama heute Nacht wieder nicht schlafen lassen? Die hat schon richtige Augenränder. Trotz Urlaub. Nur wegen ein paar Zähnchen muss man kein Theater machen, nicht wahr?“
Das Gesicht zu der Stimme ist nun nah bei mir. Der Mund ist groß und rot angemalt und es riecht ganz komisch. So sauer. Und am Hals ein bisschen süß. Mama sagt immer „Parfüm“ dazu.
Mir ist ein bisschen übel. Mein Mund ist auch schon wieder etwas dick. Ich beiße kräftig auf den Gummisauger und trinke etwas Tee. Aber das hilft nicht sehr gut.
„Meine Nichte lässt ihre Kinder auch immer auf dem Gummisauger beißen. Also bei mir gibt es das nicht. Ich habe keine Kinder, aber eins weiß ich, man darf sie nicht verhätscheln. Damit kenne ich mich aus. Da muss man energisch durchgreifen.“

Bei den letzten Worten tippt sie mir auf den Bauch. Ich schaue Mama an. Die hat einen roten Kopf und holt tief Luft. So wie ich, wenn mir etwas nicht gefällt. „Also..“ Beginnt sie. Aber die Frau hört gar nicht zu, sondern pustet mich weiter an und mir wir ganz doll übel und dann nimmt sie mir mein Fläschchen weg und das geht mir nun zu weit. Ich hole tief Luft und sofort kommt aus meinem Bauch, ganz unten aus der Tiefe, ein lautes „Bäuerchen“. So nennt Papa das immer und freut sich ganz doll darüber.
Dieses Mal ist es anders. Es kommt nicht nur Luft, sondern mein Frühstücksbrei und ein bisschen Brötchen und Tee. Das tut gut. Mir ist auch nicht mehr schlecht. Das Gesicht vor mir ist jetzt weiter weg. Ich sehe überall Brei. Auf der Bluse, im Gesicht der Frau und ein bisschen in ihren Haaren. Mit schnellen Bewegungen versucht die sie alles wegzuwischen. Das sieht lustig aus und ich quietsche ein bisschen.
„So eine Schweinerei“, schimpft sie vor sich hin und schaut erst mich, dann meine Mama ganz böse an.
„Ja“, stimmt Mama zu, „aber sie kennen sich ja aus.“ Mama hat mir ein neues Lätzchen umgebunden und hat die ganze Zeit gegrient. „So, wir müssen dann mal weiter“, sagte sie fröhlich und ich quietsche ein bisschen zufrieden vor mich hin.

Da gibt es dann wohl nichts mehr zu sagen. Vielleicht befindet ihr euch ebenfalls im Urlaubsmodus. Oder nutzt das schöne Wetter und die langen Abende für Aktivitäten und Treffen mit lieben Menschen.

Ich mache eine etwas längere Sommerpause, um endlich mein aktuelles Projekt voranzutreiben.
Habt bis dahin wieder eine schöne Zeit.

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