Moin und Hallo
Schön, dass Ihr wieder vorbeischaut.
Es ist kaum zu glauben, aber das erste Viertel von 2025 ist schon vorbei.
Gefühlt habe ich gerade die Weihnachtsdeko eingemottet, nun stehen die Kisten mit den Ostersachen parat und warten auf Verteilung.
In manchen Gärten hängen schon die ersten bunten Eier. Zusammen mit den vorwitzigen Frühblühern ein schöner Farbfleck.
Die Natur ist für mich sowieso ein Wunderwerk. Erst liegt alles brach und kaum scheint die Sonne, fängt es an zu wachsen und zu blühen.
Auf meinem Startbild ist davon noch nichts zu sehen. Da müsste man schon sehr viel Fantasie aufbringen.
So wie die Protagonistin der folgenden Geschichte. Ihr wird immer zu viel davon nachgesagt. Aber lest selbst.
Die Gedankenflut der letzten Nacht forderte ihren Tribut. Gähnend hatte ich mich durch den Arbeitstag geschoben. Den Abschluss bildete nun die Abendschule, die ich seit einigen Wochen besuchte. Mein Plan für die Zukunft, erst Abi, dann vielleicht Dramaturgie studieren. Aber mit diesem Lehrer in Deutsch wurde das wohl nichts. Dieser Typ war trocken wie ein Furz und ging mir mächtig auf den Keks. Ich verstand es nicht. Wie konnte jemand, der noch so jung war so antiquierte Ansichten haben. Dr. Stur sah eigentlich aus wie eine Sahneschnitte, aber machte seinem Namen alle Ehre. Keine Diskussionsbereitschaft, kein über den Tellerrand schauen.
Ständig nölte er an meinem Texten herum. Alles, was ich zu hören bekam, war, „Strukturieren sie ihre Arbeiten und sortieren ihre Gedanken, bevor sie ihre Geschichten niederschreiben.“ Dann, mit einem Kopfschütteln als Krönung kam sein Lieblingssatz. „Zu viel Fantasie.“
Früher in der Schule war ich auch immer „zu“.
„Zu laut, zu frech, zu angriffslustig. Nie passte etwas. Ich hatte gedacht, jetzt als gestandene Erwachsene wäre es anders.
Was lernen diese Pädagogen eigentlich an der Uni. Vielleicht sollte ich den ganzen Plan überdenken.
Eine gehörige Portion Zorn hatte mich voll im Griff, als ich das Schulgebäude vorzeitig verließ. Stapfend stürzte ich die Straße entlang, um an deren Ende in den Wald einzubiegen. Tiefe Stille umhüllte mich. Gab es hier keine Vögel, keine Geräusche, keine anderen Personen? War ich noch auf dieser Welt oder schon auf einem anderen Planeten, wo ich als einzige übriggeblieben war. Es war doch noch hell. Oder hatte ich einfach alle mit meiner schlechten Aura vertrieben.
„Zu viel Fantasie. Pah.“ Wie bitte schön kann man zu viel davon haben? Mit jedem Schritt, den ich stark aufsetzte, jagte ich vorwärts. Tiefer in den Wald hinein. Hier wurde es durch die Dichte der Bäume und deren Laub viel dunkler. Schwer atmend blieb ich irgendwann stehen. Ich drehte mich einmal im Kreis. Wo war ich hier gelandet. Na großartig, das passte doch zu diesem Sch…tag. Nun hatte ich mich auch noch verlaufen. Ich drehte mich erneut. Dieses Mal langsamen, schaute in alle möglichen Richtungen. Irgendetwas musste mir doch bekannt vorkommen. Schließlich war ich in der letzten Zeit des Öfteren hier. Eigentlich nach jeder Deutschstunde.
Mein Blick fiel auf eine kleine Lichtung. Die restliche Helligkeit des Tages hatte sich in ihr gefangen. Es sah bezaubernd aus. Wie ein Märchenwald. Ein Ort für Zentauren, Zwerge und Gnome. Vielleicht mit sehr viel Glück wäre sogar ein Einhorn zu finden. Man kann es ja nie wissen. Also schaute ich genauer auf das Ende der Lichtung. Dort, an einem der Bäume weckte etwas mein Interesse. Was war das denn? Ich zwinkerte ein paar Mal, um den Blick zu schärfen.
Und dann sah ich es deutlicher. „Das ist nicht möglich.“ Meine Stimme war nur ein Hauchen und doch überdeutlich laut an diesem ansonsten ruhigen Ort. Eine feine Gänsehaut kroch mir langsam den Rücken empor und ließ meinen verschwitzen Körper frösteln. Eiseskälte machte sich in mir breit. Halt suchend umfasste ich mit beiden Armen meinen Oberkörper und wiegte ihn langsam vor und zurück. „Nein, nein, nein“, hörte ich mich wimmern. Noch immer lag mein fokussierter Blick auf der Stelle, wo ich etwas sah, was es eindeutig nicht gab. Nicht geben konnte. Nicht geben durfte.
Zögerlich trat ich etwas näher. Leise Schritt für Schritt, jedes Geräusch vermeidend. Die Stille um mich herum war fast greifbar. Immer noch kein Vogelgezwitscher, kein Gesumme oder Gebrumme. Nicht einmal der immerwährende Autoverkehr war in der Ferne zu hören. Dafür war inzwischen viel zu wenig los auf den Straßen. Es war zu spät. Alle saßen zu Hause oder mit Freunden in einem Biergarten oder wo auch immer und krochen nicht allein im Wald herum. Ich schluckte. Mein Hals war trocken. „Mist.“ Der Blick auf mein Handy zeigte mir, dass es schon weit nach 21 Uhr war und ich keinen Empfang hatte.
Gegen meinen Impuls, die Beine in die Hand zu nehmen und wegzurennen, bewegte ich mich weiter vorwärts. In meinem Kopf arbeiteten die Gedanken mühsam einen Plan aus. Ich musste die Polizei benachrichtigen, das stand fest. Aber wie sieht es mit erster Hilfe leisten aus. Gab es noch etwas, was ich leisten konnte?
Meine Beine zitterten derart, dass ich mich erneut sammeln musste, um überhaupt vorwärtszukommen. Weiterhin starrte ich wie gebannt auf das Etwas. Mein Gehirn versuchte zu realisieren, was ich sah. Viel war es nicht. Die Entfernung war zu groß. Auf der Stelle tretend grübelte ich weiter, was es sein könnte.
Eventuell ein Körper, großzügig mit weißen Stoffbahnen umhüllt. Ein Hochzeitskleid vielleicht. Ich wollte mir eine genaue Beschreibung überlegen, damit ich den Beamten später einen guten Hinweis geben konnte. In der Mitte der Gestalt steckte etwas und drückte sie an einen der Bäume.
Es nütze nichts, um besser sehen zu können, musste ich näher an den Ort des Verbrechens. Blut war erstaunlicherweise nicht zu sehen. „Vermutlich in den Boden gesickert“, murmelte ich vor mir hin. Dass das hier ein Tatort war, war mir vollkommen klar.
Warum musste so etwas ausgerechnet mir passieren. Es war noch keine fünf Minuten her, da dachte ich an zauberhafte Wesen und nun das. Eine Fee war es jedenfalls nicht. Auch kein Tier, weder wundersam noch real.
„Also los“, sprach ich mir selbst Mut zu und ging zögerlich weiter. ‚Vielleicht sollte ich rufen. Es konnte sein, dass die Person auch nur schläft“, überlegte ich.
„Hallo? Sie da. Hören Sie mich. Geht es Ihnen nicht gut?“ „Was rede ich hier eigentlich für einen Schwachsinn. Natürlich geht es einem nicht gut mit einem Speer im Körper“, murmelte ich und dann wieder lauter. „Also, ich komme jetzt näher. Erschrecken Sie nicht.“
Noch wenige Schritte, dann wäre ich direkt vor Ort. Ich kontrollierte erneut mein Handy. Kein Empfang. Hatte ich jetzt ehrlich gesagt auch nicht mehr mitgerechnet. Alles in mir sträubte sich bei dem Gedanken, den Körper, der vor mir saß, anzuschauen, zu berühren oder den Schleier zu lüften. Aber es nützte nichts. Es war kein Mensch weit und breit zu sehen oder zu hören. Das hoffte ich jedenfalls. Vorsichtig drehte ich mich um und lauschte. Waren da nicht Stimmen? Oder so ein leises Rascheln? Ich strengte mich an, genauer hinzuhören. Nichts. Ich hatte mich getäuscht. Kein Anschleichen war zu hören. Keine tierischen Warnlaute, wie bei Vögeln, wenn die Katze nahte. Der Täter hatte sich schon aus dem Staub gemacht. Oder die Täterin. Es konnte ja auch ein Eifersuchtsdrama sein.
Ein letzter Blick ins umliegende Gehölz und ich hockte mich hin. Atmete ein, zwei Mal tief ein und versuchte mich auf das vorzubereiten, was ich gleich erblicken würde. Vielleicht sollte ich erst einmal versuchen, ob noch ein Puls messbar war. Wenn ich kälte, spürte wohl eher nicht. Wie war das im Krimi immer mit der Leichenstarre. Erst wurde der Körper fest und dann wieder beweglich. Oder war es andersherum.
Ich sollte echt mal besser aufpassen. Man sieht ja. Irgendwann kommt eine Situation, da benötigt man Fachwissen.
Ich atmete noch einmal kräftig durch und hob dann langsam den Blick. Damit hatte ich beileibe nicht gerechnet. Ich keuchte und sprang auf. Fast wäre ich gestürzt. Nur mit Mühe schaffte ich mich auszubalancieren, um dann hysterisch die Töne herauszubringen, die sich langsam in meiner Kehle gesammelt hatten, bis sie explosionsartig entwichen. „So eine Schweinerei. Das darf doch nicht wahr sein. Können die Leute ihren Mist nicht auf die Müllkippe bringen, anstatt den Wald zu verunstalten und harmlose Spaziergänger zu Tode zu erschrecken.“
Schnaufend starrte ich auf das Teil, das nun klar und eindeutig vor mir lag. Ein großer weißer Sack. Aus der Mitte war im Laufe der Zeit ein Ast gewachsen. Kein Märchenort, kein Tatort.
Ich schloss die Augen und fing an zu lachen. Wie war doch der Lieblingssatz meines Deutschlehrers. „Zu viel Fantasie“
Ich bin am Ende meiner kleinen Geschichte angelangt.
Habt wieder eine wunderbare Zeit und genießt den April mit all seinen kleinen
Erlebnissen. Denn Abenteuer locken überall.