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Ostern

Moin und Hallo

Schön, dass ihr wieder hineinschaut.
Die vielen Meisen in unserem Garten haben mich zu dem Startbild verleiten lassen. Sie stehen bei uns schon parat und haben die Nistkästen bezogen. Scheinbar sind die Herren Meisen der Meinung, ständig ihr Revier bestimmen zu wollen.
Die Antwort habe ich zumindest gefunden, als ich eine Erklärung für das Phänomen suchte, warum sie an unseren Fenstern picken.
Es gab aber auch andere Erklärungen. Nun denn, warum auch immer.
Ins Haus wollen sie auf keinen Fall und mit dem Osterhasen haben sie auch nichts am Hut. Der hat so seine eigenen Probleme, wie der folgende Poetry zeigt.

Gestern habe ich den Osterhasen gesehen,
er ächzte und schwankte
und schnaufte gar sehr
und zog einen Karren hinter sich her.

Der quietschte unter der schweren Fracht
und hat es dem Hasen nicht leicht gemacht.
„So geht das nicht“; dachte das Tier
„Ich suche eine Hilfe mir.“

Die Hühner sahen das gar nicht ein.
„Du spinnst wohl alter Wicht.
Wir haben unseren Teil getan.
Nun seh mal zu und spute dich.“

Der Hahn sah ihn nur spöttisch an
und stolzierte gleich von dannen.
Und krähte laut mit stolzer Brust,
als hätte er es eh gewusst.

So zog der Hase alleine los.
Erst murrend, knurrend weiter.
Versteckte Eier mehr und mehr
und wurde doch bald heiter.

Ein Fläschchen hier,
ein Gläschen da.
Die Arbeit stört ihn gar nicht mehr.
Die Fracht wird leicht und leichter.

Zur Mittagszeit, er torkelt bald.
Der Kopf ist schon ganz schwer.
Die Flaschen mit bestem Eierlikör
sind auch inzwischen leer.

Die Sonne bald am Himmel brennt,
der Hase kichert leise.
Die beste Hilfe ist man selbst,
erkennt er schließlich Weise.

So ein Osterhase hat es auch nicht leicht, wie man sieht.
Ich hoffe ihr habt wieder eine schöne Zeit.

Altes Haus, was nun?

Moin und Hallo
Schön, dass ihr wieder vorbeischaut.
Wir gehen langsam Richtung Frühling. Noch fehlt mir etwas die Vorstellung bei dem ewigen Regen, aber wenn ich mich im Garten umschaut, sind die ersten zarten Knospen der Frühblüher zu sehen, wie sie den Kopf emporrecken, um auch das kleinste Fitzelchen Sonne dankbar anzunehmen. Kann ich vollkommen verstehen. In den ersten Läden habe ich schon Stiefmütterchen entdeckt. Da habe ich sofort eine Idee für die Startseite entwickelt. Für mich hat es immer etwas von Tatendrang an sich. Nach den langen, behäbigen Wintermonaten möchte man Platz machen für neue Ideen oder Projekte oder Lebensmodelle.
Schaut mal, was ein altes Haus erzählen kann.

„Das ich das erleben muss.“ Traurig schaute das alte Haus durch die trüben Fenster an der Vorderseite auf die lange mit Grasinseln bestückte Auffahrt. Der Bestattungswagen zeigte sich nur kurz. Bald setzte er den Blinker und war verschwunden. Mit ihm Meta, der Seele des Hauses.
Metas Bruder Walter hatte sich daraufhin träge Richtung Einfahrt begeben, um das große Tor, das seit Tagen quietschend im Wind hin und her schwang, endlich zu schließen. Eine mühsame Arbeit. Auf dem Rückweg, den er mit gebeugtem Rücken und hängenden Schultern zurücklegte, lief eine Träne seine Wangen hinab. Lag es am Wind? Wer weiß das schon. Das alte Haus sah es beim Näherkommen. Das, was es am meisten gefürchtet hatte, war eingetreten. Ein Zurück gab es nicht. Ab jetzt lag die Zukunft im Ungewissen. Sie waren allein.
Walter schleppte sich in die Küche und murmelte vor sich hin. „Ach Meta, ich komme mir vor wie ein Eindringling. Dieser Raum war doch von je her dein Revier. Hier hast du gekocht und Marmelade und andere Köstlichkeiten gezaubert und nun bist du entschwunden.“ Walter schüttelte den Kopf, nahm sich seinen Kaffee, der inzwischen kalt seit dem Frühstück auf ihn gewartet hatte, und schlich ins Wohnzimmer. Was folgte, war stille. Das alte Haus hielt buchstäblich den Atem an, bei dem Blick auf Walters Kummer. Kein Knarren der Böden, kein Klappern der Türen, keine Stimmen, kein Streit.
Laut war es in den letzten Monaten zwischen den Geschwistern oft hergegangen. Zumindest am Anfang. Metas Temperament ließ Walter oft aus dem Raum flüchten. Das alte Haus hörte ihn dann in seinem Zimmer schimpfen. Über die Ideenflut seiner Schwester. Die Flausen in ihrem Kopf, wie er es immer nannte. Er hatte nichts am Hut mit einer Kindertagesstätte oder einem Heim für werdende Mütter. Schon gar nicht mit Pensionen, in denen Radfahrer mit ihren Schuhen das Parkett ruinierten und Metas letzte Idee, eine Alten-WG zu gründen, nannte er Humbug. Er sehnte sich nach Ruhe und festen Ritualen. Mit Neuerungen hatte er sich schon immer schwergetan. Jetzt, im Ruhestand war er zufrieden mit Spaziergängen und einem leckeren Essen. Tief im Herzen stimmte das Bauernhaus ihm zu. Zumindest bis sich Meta alarmierend veränderte.
Sie wurde still und in sich gekehrt. Schaute keine Reisedokus mehr, rief keine Projekte ins Leben, dekorierte nicht, stellte keine Möbel um, probierte keine neuen Essensvarianten aus, entsagte der Musik und hörte auf zu tanzen. Der Garten, der immer ihr Steckenpferd war, lag brach. Auf das Vorziehen von Stecklingen hatte sie verzichtet. Dafür fuhr sie jede Woche in die fernergelegene Großstadt. Oft kam sie erst nach Stunden zurück. Die mitgebrachten Flyer und Rezepte räumte sie sofort weg, sobald Walter den Raum betrat. Nur ein einziges Mal gelang es ihm, für einen kurzen Augenblick ein Fragment zu erhaschen. Aber es nützte nichts. Namen und Fachbereich waren ihm unbekannt. Das alte Haus hörte und sah alles. Walters Ratlosigkeit, Metas Geheimniskrämerei. So war der Winter vergangen.
Die Atmosphäre unter den Geschwistern blieb angespannt, wie nie zuvor in ihrem Leben. Dem Haus war durch die mangelnde Liebe und Fürsorge seiner Bewohner fröstelig zumute. Trübselig schaute es zu, wie Walter durch die Räume schlich. Und hatte in den ersten Monaten Meta schwer seufzend in der Küche gesessen, so wendete sich das Blatt und es war Walter, der immer öfter mit aufgestütztem Kopf trübe vor sich hinstarrte und seufzte. Das alte Haus sah machtlos auf den Verfall einer Gemeinschaft.
Dann zog das Frühjahr ins Land und mit ihm eine Veränderung. Meta strotzte wie eh und je vor Tatendrang und fing an, ihre Sachen auszusortieren und zu einer Sammelstation für Bedürftige zu bringen. Kletterte in die obersten Winkel des Hauses, um zu sortieren, abzubauen und alles, was nicht Niet und nagelfest war, abzutransportieren. „Keine Belastung für die Nachwelt war ihr neues Credo.“ Und immer öfter „Freiheit“. Walter, erst erleichtert über diese Entwicklung wurde angst und bang. Sie war gar nicht mehr wieder zu erkennen. Ihr Leben lang hatte sie jedes Teil aufbewahrt und nach Themen geordnet, in Kisten und Regalen gestapelt. Aber jetzt. Minimalismus.
Wo gab es denn so etwas. Selbst das Bauernhaus seufzte laut und verstand die Welt nicht mehr. Was war falsch daran die bestehenden Werte zu bewahren. Auf dem Dachboden hatten ganze Generation ihre Sachen gelagert. Das waren doch Schätze. Obwohl dem Haus die Last manchmal etwas schwerfiel, so hing es an den lieb gewonnenen Teilen und es kam sich nackt und unnütz vor. Der Zahn der Zeit nagte an ihm. Die Dielen quietschten seit der Räumung lauter, die Fenster zogen noch mehr Luft und so manche Tür ratschte bei der Nutzung.
Dem alten Haus schwante, das es größere allumfassendere Veränderungen geben würde, und wünschte sich die Idee mit der WG käme doch zustande. Selbst Walter hatte Meta angesprochen und ihr seine Zustimmung bekundet. „Es ist zu spät“, war ihre Antwort. Und dann, eines Morgens, packte sie die letzte Tasche.
Das alte Haus vernahm das Schnappgeräusch des Verschlusses und das Rascheln ihrer Jacke, die an der Garderobe hing. Es hörte das leise Gemurmel der Geschwister. Den langsam ausgestoßenen Atem von Walter und die Abschiedsworte von Meta, die mit schnellen Schritten durch die Eingangstür tänzelte.
„Ach Meta, wie konntest du uns das antun. Mir und deinem Bruder. Du hast dich nicht einmal umgedreht. Kein letzter Blick mit Liebe in den Augen. Nicht ein Hauch des Bedauerns. Habe ich dir nicht jahrzehntelang ein Zuhause geboten? Wer putzt meine Fenster und achtet darauf, dass die Geräte gewartet werden. Wer kümmert sich um den Garten und kocht für Walter. Wer repariert und tapeziert und hält alles in Schuss. Was wird aus uns, während du leichten Herzens mit deinem Freund und seinem umgebauten und mit leuchtenden Farben lackierten Bestattungswagen auf Weltreisen gehst.“

So kann es gehen. Ich denke manchmal so ein altes Haus hat es auch nicht leicht. Gerade wenn ganze Generationen ein und ausgegangen sind, gibt es bestimmt eine Verbindung. Vielleicht habe ich aber auch nur zu viel Fantasie. Wie dem auch sei. Habt wieder eine schöne Zeit.

Vom Schreiben

 

Moin und Hallo

Schön, dass ihr wieder dabei seid.

Der Italiener Sandro Botticelli (1445 -1510) war als Maler und Zeichner einfach großartig.
Der Versuch, ein Fragment aus einem seiner Werke zu zeichnen, hat viel Spaß gemacht. War aber auch eine riesige Herausforderung.

Für die Startseite habe ich diese Zeichnung mitgebracht. Sie soll bei Interesse auf das Thema Schreiben einstimmen.

Vom Schreiben

Nun soll es losgehen,
eile dich.
Einen Text erstellen,
verweile nicht.
Die Ideen schwirren herum im Kopf,
vergleichbar mit Bohnen im Suppentopf.
Sie wollen raus,
machen sich zu breit.
Das nächste Projekt ist nicht mehr weit.
Aber welches Thema solls denn sein?

Krimi, Poetry Fantasy.
Liebesroman ist auch eine Kategorie.
Wie wäre es mit einem Klassiker?
Ein Schmöker, dick und schwer.
Ein Vorlesebuch, ein Kinderbuch,
was mit Tieren muss auch noch her.
Ein Kochbuch wäre auch sehr schön,
da gibt es Fotos noch zu sehen.
Und wenn du ganz und gar verrückt
ein Bilderbuch in den Fokus rückt.

Oder soll es doch lieber ein Sachbuch werden?

Beim Krimi oft was Totes winkt.
Ob blutig oder fein mit Gift,
Hauptsache mit Spannung,
das ist der Inbegriff.
Darf es etwas schärfer sein,
lädt der Triller zum Schaudern ein.
Die Liebe darf man nie vergessen.
Und mit reichlich Fantasy,
raffiniert gedreht, verwoben.
Da kann man sich dann selbst mal loben,
wenn Wünsche sich erfüllen
und Geheimnisse sich enthüllen.

Das geht auch poetisch, lyrisch fein.
Selbst Rätselhaftes darf es sein.
Rezepte immer gern gesehen,
auch in Romanen diese stehen.
Die Auswahl ist also riesengroß.
Nun ran an die Entscheidung
und dann los.

Ach ne,

Nun erst mal recherchieren,
suchen, sammeln und probieren.
Mutig die Charaktere benennen.
Ein Blick zur Uhr,
die ist am Rennen.

Aber dann

Wort für Wort und immer mehr.
Sätze reihen sich hinterher.
Blatt für Blatt und Zeile um Zeile
die Fantasie geht auf eine Reise.
Die Buchstaben fließen mehr und mehr
aus der Feder und füllen die Seiten.
Jetzt ist es gar nicht mehr so schwer.
Du schreibst und schreibst,
bist gar im Flow,
warum ist das nicht immer so?

Weil…

Inzwischen der Haushalt brach, liegt.
Der Ofen ist aus.
Du hast nichts gegessen.
Bestenfalls was getrunken.
Ach ja,
atmen nicht vergessen.

Und wenn das Werk dann erst vollbracht
Ist, oft vorbei die halbe Nacht.

 

Nun geht es ans Korrigieren.
Was soll ich sagen,
da kann man sich schon etwas plagen.
Wiederholungen sind zu vermeiden
und wozu gibt es eigentlich Normseiten.
Um Ideen aufzuschreiben,
reichen doch irgendwelche Seiten.
Regeln gibs
Grammatik auch.
Kürzen soll man, was ein Graus.
Du liest den Text zum x-ten Mal.

Wie hört sich dieser Satz denn an.
Ob man den noch verbessern kann?

Nein!

Fertig!

Außerdem …

Ich hab da mal eine Idee.

Ihr seht, mit dem Schreiben wird es nie langweilig.
Habt wieder eine schöne Zeit.

 

 

Schuld

 

Moin und Hallo

Schön, dass ihr wieder vorbeischaut. Manche Geschichten lassen mich nicht los. Da gibt es Spielraum für neue Ideen. Ein Beispiel dafür ist der folgende Beitrag. Wenn ihr länger auf dieser Seite unterwegs seid, erinnert ihr euch vielleicht an einen Blogbeitrag im Juli 2023 unter dem Titel „Ben“. Schaut gerne zur Auffrischung im Archiv.

 
Beim Erwachen war es dunkel. Stockdunkel. So eine Schwärze kannte ich nicht. Vorsichtig befühlte ich mein Gesicht. Augen, Nase, Mund. Alles war frei. Kein Tuch oder sonstiger Gegenstand bedeckte mich. Nur… Ich sah …  Nichts. Tief durchatmend versuchte ich der aufsteigenden Panik Herr zu werden. Konzentriert suchte ich im Körper nach einem Schmerz. Es gab keinen. Mein Herz schlug laut und wild in der Brust. Ich lauschte. Um mich herum, totenstille und Dunkelheit. Langsam wanderten die Hände weiter. Ich lag auf einer harten Unterlage. War es Holz? Eine Pritsche oder gar ein Sarg? Wie kam man nur auf solch eine Idee? Eine Gänsehaut ließ die Härchen am Körper emporstehen, dass es schmerzte.

Mühsam setzte ich mich auf. Mein Kopf dröhnte. Müde und benommen kreisten die Gedanken. „Wie war ich hierhergekommen? Denk nach. Komm schon. Du warst im Zirkus.“ Nichts. Keine Erinnerung. Übelkeit stieg in mir auf und der aufkommende Schluchzer war laut wie ein Knall.

„Na endlich. Wurde Zeit, dass du wach wirst.“ Die Stimme war kalt und kam wie aus dem Nichts.

Ein Ruck durchfuhr mich. „Hallo?“ Stille. „Ist da wer? Ich habe solch einen Durst.“ Die Worte waren nur ein Flüstern. War es real oder eine Einbildung.

Es gab keine Sicherheit. Seit damals nicht mehr. Nur Zweifel. Niemand hörte mir zu. Egal wie oft ich das Thema ansprach. Alle hielten mich für eine einsame Frau, die sich eine Geschichte ausgedacht hatte.

Das Geräusch neben mir löschte meiner Erinnerung. „Hier.“ Die Stimme war nah und etwas berührte mich am Arm. Ich griff zu und hatte eine Flasche in der Hand. Vorsichtig trank ich einen kleinen Schluck. Es schmeckte köstlich. Nie hatte Wasser so frisch und wohltuend geschmeckt.

„Du hast mich nicht erkannt? Oder?“ Die Stimme war klar und schneidernd, mit einem Hauch von Traurigkeit.

Ich atme langsam aus. „Was hatte er gefragt?“ Meine Gedanken wanderten dem kleinen Wanderzirkus. Vor der Manege stand ein Mann und starrte mich an. Irgendetwas an ihm kam mir bekannt vor. Seine Augen. Dieselbe Farbe. „Das ist nicht möglich.“ Meine Worte waren nur ein Hauchen. „Ben?“

„Ist der Groschen endlich gefallen?“ Seine Stimme triefte vor Gehässigkeit. „Ben? Das war ich einmal. Vor einer Ewigkeit. Bevor du mich im Stich gelassen hast.“ Er jaulte regelrecht. „Vor der Zeit, in der ich zum Stricher wurde. Wo Stecher oder Fummler mein Vorname wurde und alte Säcke sich an mir rieben. Ich wurde vermietet und verkauft. Es gibt keinen Ben mehr.“ Seine Stimme überschlug sich in hohen und schrillen Tönen.

Die Erinnerung an den damaligen Abend kam mit Macht. Das Unwetter, die Angst. „Er sagte, du bist verschwunden. So half ich bei der Suche. Sie dauerte die ganze Nacht, bis wir dich endlich in einer kleinen Hütte fanden. Aber zu spät. Es war schrecklich. Dein Blick.“ Meine Kehle schnürte sich zusammen und nahm mir für einen Moment die Stimme. „Ich saß eine Ewigkeit neben dir und versuchte, die Starre zu lösen. Dann kam die Müdigkeit. Beim Aufwachen warst du fort.“

„Ausreden“, zischte er. „Du hast geschlafen und mich ihm dadurch erneut ausgeliefert. Ich hatte geschafft, ihm zu entkommen. Das hat er mir nie verziehen. Mein Leben war die Hölle, selbst nach seinem Tod. Es existiert keine Befreiung. Nie mehr. Die Gedanken sind immer da. Und die Bilder.“ Er weinte. Ich hörte es an der Stimme.

„Es …. tut mir leid“, hauchte ich. Es gab nichts zu sagen. Kein Verzeihen. Nicht einmal Erlösung. Ich vernahm seine Verzweiflung und mit fielen die Augen zu. „Das Wasser“, flüsterte ich und hörte sein lachen.

Erschreckt fuhr ich hoch und lag in meinem Bett. „Was für ein schrecklicher Traum“, murmelte ich vor mich hin und griff nach dem Wasserglas. Der Durst war unangenehm. Ich trank gierig und überlege. „Ben.“ Es war lange her und die Erinnerung schmerzte wie eine alte Narbe.

Ich stand, im Bann des Traumes gefangen auf und stolperte gegen eine Flasche. Sie gehörte mir nicht. Angst stieg den Rücken empor wie ein kalter Strahl. Mit zitternden Händen hob ich sie hoch und entnahm ein Stück Papier. „Du warst die Liebe meines Lebens!“

Das war es für heute. Ich wünsche euch wieder eine schöne Zeit.  

 

 

Adventskalender – Geschichte

Moin und Hallo

Wir sind im Dezember angekommen und wie in den letzten Jahren gibt es wieder eine Adventskalendergeschichte. Viel Spaß damit.

  1. Mimi Sternenstaub, auch Engel 123 saß im himmlischen Garten und träumte vor sich hin. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie die Stimme erst wahrnahm, als eine Person direkt vor ihr stand. „Mimi Sternenstaub. Hast du Bohnen in den Ohren?“ Erschrocken schaute Mimi auf.
  2. Vor ihr hatte sich Wanja Leuchtfeuer, ihre Lehrerin aufgebaut und fuchtelte wild mit den Händen vor Mimis Gesicht herum. „Er hat es wieder getan. Dabei ist es das letzte Mal in einer Katastrophe geendet. Aber er ist ja unbelehrbar.“
  3. „Äh, ich verstehe nicht ganz. Wer hat was gemacht und welche Katastrophe ist wann geschehen.“ Mimi wartete auf eine Erklärung, aber vergebens, Wanja Leuchtfeuer wetterte gleich weiter. „Das kann er dir alles allein berichten. Eines sage ich dir. Ich halte es für eine Schnapsidee. Also los jetzt. Ich soll dich zu ihm bringen.“
  4. Sie gingen tiefer in den Garten und blieben vor einer Behausung stehen. Sofort wurde ihnen geöffnet. „Nur immer hereinspaziert.“ Die dröhnende, freundliche Stimme von Petrus beruhigte Mimi sofort. „Mimi Sternenstaub. Ich freue mich, dass du gekommen bist. Ich wusste gleich, dass du die Richtige für diese Mission bist.“ „Pah“, hörte Mimi die Stimme ihrer Lehrerin.
  5. „Eine Mission?“ Mit großen Augen schaute Mimi von einem zum anderen. „Oh, ich dachte, deine Lehrerin hat schon berichtet.“ Petrus kaute auf seiner Unterlippe. „Mm, na gut.“ Eine leichte Röte überzog sein Gesicht als er zu sprechen begann. „Ich habe mich auf eine Wette eingelassen.“ „Eine Wette? Mit wem?“ Mimi schaute von Petrus zu Wanja Leuchtfeuer, die es gleich mit einem weiteren „Pah“ kommentierte. „Mit Luzifer.“
  6. „Was?“ Mimi kreischte los, dass Petrus zusammenzuckte. „Der aus der Unterwelt? Warum?“ „Weil Dummheit einen Namen haben muss“, murmelte Wanja Leuchtfeuer und fing sich einen strafenden Blick von Petrus ein. „Der hat so angegeben, dass alle Neuzugänge zu ihm wollen. Also habe ich dagegengehalten. Und ich dachte mir, wenn das eine schafft, dann bist du es.“
  7. “Oh.“ Mimi standen regelrecht die Haare zu Berge bei der Geschichte. „Okay, beim letzten Mal hat es nicht funktioniert. Aber bei dir bin ich mir sicher“, setzte Petrus nach und knetete seine Hände, dass die Finger laut knackten. „Pah, das ist ja den Bock zum Gärtner machen“, schnaufte Wanja Leuchtfeuer und erleichterte Mimi die Entscheidung. „Petrus, ich mache mit.“
  8. „Prima, dann lass uns loslegen.“ Petrus strahlte nun wieder und öffnete sogleich die Tür hinter sich. „Darf ich bekannt machen. Das ist Florian.“ Ein kleiner Junge mit stahlblauen Augen und schwarzen Haaren betrat den Raum. „Meine Freunde nennen mich Flo.“ „Ach wie der Floh, den wir jetzt im Pelz haben“, grummelte Wanja Leuchtfeuer. „Für alle anderen bin ich Florian“, vollendete er seine Vorstellung.
  9. Mimi kicherte noch, als Petrus mit der Lehrerin im Schlepptau die Hütte schon lange verlassen hatte. „Respekt. Ich gerate ständig mit Wanja Leuchtfeuer aneinander, aber so galant habe ich sie noch nie austricksen können.“ „Ich wollte nicht vorlaut sein, das passiert ganz von allein“, kam die zögerliche Antwort. „Mm kenn ich“, griente Mimi.
  10. Die beiden verstanden sich von Anfang an. Mimi zeigte Flo alle Orte und Räume. Am liebsten waren sie in der Küche bei der neuen Köchin. Belinda Zuckerschnute hatte immer ein paar Kekse für sie und schuf einen netten Ausgleich zu Wanja Leuchtfeuer, die jeden ihrer Schritte mit Argusaugen bewachte.
  11. Bald zog der Alltag ein und Mimi hatte nicht mehr die gleiche Zeit wie zu Beginn. Eines Tages betrat sie ihr Zimmer und fand Flo auf ihrem Bett sitzend vor. Er ließ eine große Kugel von einer Hand in die andere rollen. Mimi blieb fast das Herz stehen. Sie entriss ihm das Sturmglas und legte es zurück auf einen Gummiring, der zur Sicherheit diente. „Das ist kein Spielzeug.“
  12. „Wozu hast du das blöde Teil, wenn es zu nichts zu gebrauchen ist.“ Flo zog einen Flunsch und starrte weiter auf die Kugel. Mimi seufzte. „Okay, ich erkläre es dir. Die Weltklimakugel ist mit der himmlischen Wetterstation verbunden und zeigt das aktuelle Wetter auf der Erde an. Schau mal, jetzt scheint die Sonne.“ Flo zog die Augenbrauen zusammen und richtete seinen Blick starr auf Mimi. „Und warum steht die Kugel bei dir?“
  13. Mimi überlegte einen Augenblick. Das Projekt „Wetter“ war geheim und sie hatte versprochen niemanden etwas zu erzählen. „Äh, die Sache ist so“, stammelte sie los. Dann hatte sie eine Idee. „Das ist für die Schule. Ich habe eine Vier in Wetterkunde und der Wetterwart hat mir die Kugel gegeben, damit ich besser werde.“ Flo zog eine Augenbraue hoch und verließ ohne ein Wort den Raum.
  14. „Mist, Mist, Mist.“ Mimi saß auf ihrem Bett und raufte sich die Haare. Das Praktikum an der Wetterstation war ihr genauso wichtig wie die Mission, die Petrus ihr aufgetragen hatte. „Flo überzeugen, für immer zu bleiben“ und bis vor ein paar Minuten hatte alles funktioniert. Seufzend schaute Mimi auf die Kugel. Wenigstens auf der Erde schien die Sonne.
  15. Am nächsten Tag war Flo zu Mimis Freude wie immer und sie spielten eine Runde „Engel ärgere dich“ nicht. „Schau mal da. Endlich ist was los.“ Mit einem breiten Grinsen zeigte Flo auf die Kugel. Dicke Wolken zogen rasend schnell umher und es regnete so kräftig, dass kaum etwas zu erkennen war. „Oh nein, ich habe was zu erledigen. Wir sehen uns morgen.“ Mimi zog Flo mit aus ihrem Zimmer und rannte los.
  16. „Was ist geschehen?“, prustete Mimi außer Atem. Paulus Donnerschlag der Wetterwart schaute sie lächelnd an. „Es war nur ein kurzes Tief. Der Hebel der Wettermaschine hat gewackelt. Das passiert schon mal. Ich bin die nächsten zwei Tage nicht vor Ort. Lass ihn auf jeden Fall so stehen.“ „Okay“, murmelte Mimi unbehaglich bei dem Gedanken allein zuständig zu sein.
  17. In der folgenden Nacht plagten Mimi Träume über Unwetter. Aufatmend kontrollierte sie morgens die Kugel, die Kaiserwetter anzeigte und holte Flo in seiner Hütte ab. „Hast du Lust auf einen Ausflug?“ „Au ja, zur Wetterstation“ kam es wie aus der Pistole geschossen.“ „Äh, die ist geschlossen.“ Mimi merkte schon beim Antworten, wie sie rot anlief.
  18. „Komm, ich zeige dir dafür meine Lieblingswolke“, plapperte Mimi gleich weiter. „Kein Bock“, knurrte Flo. „Na, ärger im Paradies?“ Wanja Leuchtfeuers Zufriedenheit über den Streit stand ihr mit einem fetten Grinsen im Gesicht geschrieben. Flo reagierte sofort. „Nein,“ war seine zornige Antwort, bevor er losstapfte.
  19. „Puh, endlich mal Pause.“ Mimi hatte sich die Mission nicht so anstrengend vorgestellt. Die Lehrerin hatte ihr eine Standpauke gehalten und Flo war gar nicht mehr aufgetaucht. Sorgenvoll schaute sie auf die Wetterkugel, die ständig von Sturm auf Sonne wechselte. Drei Mal war sie zur Station gelaufen, aber der Regler der Wettermaschine stand wie immer.
  20. Kaum hatte sie sich ein paar Minuten auf das Bett gelegt, klopfte es und Flo trat ein. Sofort hob er die Kugel hoch und quietschte vor Vergnügen. „Schau mal wie lustig.“ Aus kohlschwarzen Wolkenformationen war ein Platzregen zu sehen. „Nicht schon wieder.“ Mimi sprang auf und flitzte gefolgt von Flo los zur Station. Zielsicher rannte er zu der großen Maschine und zog an dem Hebel. „Ich lasse es jetzt schneien,“ rief er. „Nicht“, schrie Mimi. Aber zu spät.
  21. „Das wollte ich nicht“, weinte Flo mit Blick auf die zerbrochenen Teile in der Hand gleich los. „Ich war so wütend und traurig. Deine Lehrerin behandelt mich wie einen Schwerverbrecher, obwohl ich mir solche Mühe gegeben habe. Und du hast ständig gelogen und etwas vor mir verborgen. So kam die Idee, dir einen Streich zu spielen.“
  22. Der Krach im Raum war ohrenbetäubend. Eine rote Lampe blinkte hektisch um die Wette mit einer Sirene, deren Jaulton bis ins Mark vordrang. Mimi stand wie angewurzelt. „Was für ein Schlamassel“, flüsterte sie. Flo trat neben sie und zupfte ihr am Arm. „Entschuldigung. Ich fand es zu Beginn lustig. Und der Rest kam von allein.“ Es dauerte einen Moment, bis die Antwort von Mimi kam. „Kenn ich“, griente sie.
  23. „Schickt Petrus mich fort? Luzifer hat gesagt, bei der ersten Kleinigkeit fliege ich raus.“ Flos Stimme war nur ein Flüstern. „Ach was, manche Ideen sind nicht die Besten. Darin bin ich Expertin. Das regeln wir unter uns.“ Mimi zwinkerte ihm zu. „Lass mal schauen, wie der Krach hier abzudrehen ist und was wir mit dem kaputten Hebel anstellen. Ich habe da schon eine Idee.“
  24. „Oh nein“, stöhnte Flo auf. Mimi hatte ihren Strahlenkranz abgenommen und drehte ihn, bis er die Form eines Stabes hatte. „Hilf mir mal.“ Zusammen stecken sie das Teil in die Maschine. Der Sirenenton erlosch sofort. Flo überprüfte die Kugel. „Puh, sieht prima aus.“ Dann schaute er besorgt auf. „Aber wie erklärst du den Verlust deines Heiligenscheines?“ „Ich würde sagen, das ist ein Fall von Notlüge“, schmunzelte Mimi. Petrus, der nicht weit entfernt stand, rieb sich zufrieden die Hände. „Ich habe es dir gleich gesagt. Mimi ist die Richtige. Sie ist verschwiegen und behält einen kühlen Kopf, wenn es schwierig wird. Mission erfüllt. Die beiden haben es geschafft.“ Pah mit Lügen und Betrügen“, grollte die Lehrerin. „Nein, Wanja, mit Vertrauen und Großzügigkeit“

In diesem Sinne wünsche ich allen eine schöne Weihnacht.

 

Mühsam ernährt sich nicht nur das Eichhörnchen

 

Moin und Hallo

Schön, dass ihr wieder dabei seid. Meine lange Sommerpause ist vorüber und
mein Projekt ist ein gutes Stück vorangeschritten.
Aber wie heißt es immer so schön. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen.
Und manchmal nicht nur das, wie das folgende Gedicht zeigt.

Mühsam

Manchmal ist das Leben schwierig,
geht kaum hoch und mehr bergab
Zerrt an deinen Nerven gierig,
hält dich mächtig, dann auf Trapp

Langsam und sehr kurz der Fortschritt,
nicht verzagen, weitergehen.
Stetig dann mit kleinen Schritten,
vieles wird man später sehen.

Hoch den Kopf und frohen Mutes
morgens nach der langen Nacht.
Gibt es doch so manches Gutes,
wenn man auch nicht dran gedacht.

Mache doch mal eine Pause,
lass das Radio Fernsehen aus.
Packe deine sieben Sachen,
gehe in die Natur hinaus.

Lass dich dort von Frohsinn leiten,
halte inne dann und wann.
Denke an die schönen Seiten,
die das Leben bieten kann.

In diesem Sinne also. Habt wieder eine schöne Zeit.

Sommerpause

 

Moin und Hallo

Schön, dass ihr hineinschaut.

Der Titel des Bildes auf meiner Startseite ist bewusst gewählt,
um mich etwas mehr auf mein Buchprojekt konzentrieren zu können.
Habt also eine schöne Zeit und drückt mir die Daumen, dass ich gut vorankomme.

Ich werde berichten, wenn ich aus der Sommerpause komme.

 

Schaurig, aber angekommen

Moin und Hallo

Ich dachte mir, ich bleibe noch etwas in der schauerlichen Abteilung und freue mich, euch wieder dabei zu haben.

Die besten Gruselgeschichten schreibt noch immer das Leben.

Einmal Bahn fahren und die Haare stehen zu Berge. Irgendetwas ist immer. Im Sommer ist die Klimaanlage auf Frosten gestellt und man kommt sich vor wie auf Eis gelegt. Frischware hält sich bekanntlich länger, ich weiß.

Im Winter sind schon bei den kleinsten Frostgraden die Türen nicht mehr zu öffnen. Ich möchte mal wissen, wie es die Länder machen, in denen es richtig kalt ist.

Zugverspätungen sind schon fast an der Tagesordnung, aber in den letzten Jahren hat sich noch ein weiteres Phänomen eingeschlichen.

„Dieser Zug fällt aus.“

Großartig! Vor allem wenn man schon die halbe Strecke hinter sich hat oder nicht weiß, wie nun der Rückweg zu gestalten ist. Natürlich passiert so etwas am späten Abend. An einem Bahnhof, der im Normalfall schon als Handlungsort für Gruselgeschichten dienen kann. Sogleich kommt dann die übergroße Fantasie hinzu, ein Film spult sich vor dem geistigen Auge ab und verhindert das logische Denken. Schaurig ist nur schön, wenn man zu Hause mit einem Tee und Keks auf dem Sofa sitzt und einen Roman liest.

Dann doch lieber den Zugaustausch. Besonders mit gebuchten Platzkarten ist es sehr spannend. Da ist die Bahn allerdings flott. Es wird zügig umgebucht.

Wer bei mehreren Mailadressen die richtige, dem Handy zugeordnete angegeben hat, bekommt sogleich eine Benachrichtigung mit den neuen Platznummern. Ansonsten – ÄH – typischer Fall von Künstlerpech würde ich sagen. Vorausschauen ist wohl doch besser als Nachdenken. Oder umgekehrt? Egal. Mitdenken ist angesagt.

Wir sind ja lernfähig. – Und sportlich. Gleiswechsel ein paar Minuten vor der Einfahrt des Folgezuges. – Kein Problem. Fördert es doch den Herzschlag und kräftigt die Arm – und Beinmuskulatur. Gesellig wird es auch – und man lernt neue Leute kennen. Schließlich läuft man nicht allein von Gleis A nach B, sondern bewegt sich walzenförmig in einer sehr großen Gruppe vorwärts.

Ellenbogen raus und los. Aber nein. Das war Spaß.

Meine letzte Selbsterfahrung war ruhig und nett, mit sehr vielen hilfsbereiten Menschen, die Rücksicht genommen haben.

Alles in allem ist ein Spannungseffekt garantiert.

„Thank you for traveling with deutsche Bahn.“

Oft und gerne in Zielbahnhöfen zu hören. Nicht nur da. Wurde auch schon erfolgreich vertont.

Aber mal Spott beiseite. Ich reise immer noch gerne mit dem Zug. Mm. Zug von Ziehen, also vorwärtskommen. Aber ich wollte ja nicht mehr lästern. Also –

Wenn es erst einmal losgegangen ist, genieße ich es sehr nicht auf überfüllten Straßen unterwegs sein zu müssen. Mit einer leichten Decke als Klimaanlagenkiller, reichlich Essen, Trinken und Lesestoff versorgt, fühle ich mich gleich in Kindertage zurückversetzt. Noch heute kann ich kaum sitzend die Stulle oder das Brötchen auspacken und mit großem Appetit zubeißen. Inzwischen warte ich wenigstens so lange, bis der Zug rollt.

Zumindest meistens.

Die nächste Reise ist im Übrigen schon geplant. Und gebucht. Na ja, bis letzte Woche. Da kam die Nachricht, dass die Rückfahrt gestrichen ist und neu gebucht werden muss. Bisher hat es noch nicht funktioniert. Es ist Urlaubszeit und so ein Server hat wohl auch eine Pause verdient. Aber wir sind dran.

Habt also wieder eine schöne Zeit und kommt immer gut ans Ziel.

 

 

Ben

Moin und Hallo

Ein neuer Monat beginnt. Ich freue mich, dass ihr wieder dabei seid. Es ist Sommer und die ersten heißen Tage haben wir schon erlebt. Das wird sich wohl noch des Öfteren wiederholen. Somit kommt ein Text, bei dem sich die Nackenhaare stäuben und eine kleine Gänsehaut über den Rücken läuft, zur Abkühlung eventuell gerade recht. Viel Spaß damit.

Die ganze Geschichte spielte sich vor vielen Jahren im Spätfrühling ab. Schon seit Tagen war das Wetter wundervoll. Der Himmel so blau wie nur ein sonniger Himmel strahlen kann. Winzige Schäfchenwolken zogen langsam vorbei und die Sonne wärmte in einer Temperatur, die nur als perfekt zu bezeichnen war. Die Vögel zwitscherten munter und die ersten Hummeln und Bienen summten um die Wette.

Wir wohnten noch nicht allzu lange hier im Ort, sodass ich auf das Klingeln an der Haustür nicht sofort reagierte.

Als ich endlich öffnete, stand niemand mehr davor. Nur eine Gruppe Kinder war zu sehen, die die Straße entlangliefen. Sie mochten zwischen sechs und zehn Jahre alt sein und jedes hatte ein Spielzeug in der Hand. Die Mädchen, allesamt blond mit ordentlich geflochtenen Haaren, trugen Kleidchen, Kniestrümpfe und Lackschuhe und eine Puppe im Arm.

Die Jungs, dunkle Anzüge und ebenfalls feines Schuhwerk. Als Spielzeug ein großes Auto. Entweder Polizei, Feuerwehr oder Krankenwagen. Keines der Kinder gab auch nur einen Laut von sich. Komisch, für einen Festumzug waren es viel zu wenig. Somit hatte ich gleich den Gedanken an eine Sekte oder andere Gruppierung. Es war nicht ein Erwachsener zu sehen, trotzdem gingen die Kinder wie kontrolliert.

Wir hatten selbst keinen Nachwuchs, dennoch kannte ich genügend Kinder von Freunden oder aus der Verwandtschaft, um zu beurteilen, dass es so biblisch still wie in dieser Truppe nirgends zuging. Als Letztes kam ein Junge und trödelte hinter den anderen her.
Als er mich sah, winkte er kurz und lief dann schneller, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Irgendwie surreal. Ich schaute mich nach Nachbarn um, aber außer mir schien kein Mensch hier zu sein. Ich rieb mir über die Arme, um die kleinen Härchen, die sich aufgestellt hatten, wieder zu glätten. Es war nicht so schön, dass mein Mann zurzeit wenig vor Ort war und ich allein im Haus.

Ich schaute der Kinderschar hinterher und überlegte, wo sie wohl herkamen. Eine Erinnerung an ein Gespräch zwischen zwei Dorfbewohnern bahnte sich einen Weg aus meinem Gedächtnis. Die alte Villa am Waldrand.  Anfang des Jahres war wohl ein großer Umzugswagen durch den Ort gezockelt hatte nicht nur eine Ladung Möbel, sondern auch eine Schar Kinder an dem alten Haus ausgespuckt. Seitdem waren die neuen Bewohner wohl nicht mehr gesehen worden. Es soll ein recht merkwürdiges Volk sein. Aber solch ein Gerede darf man auch nicht überbewerten.

Ich wollte gerade wieder ins Haus gehen, als ein Teil der Kinder zurückkam und auf der Straße anfingen, mit Kreide zu malen und Ball zu spielen. Normale Tätigkeiten von Kindern halt. Das unangenehme Gefühl eines Knotens in meiner Magengegend löste sich etwas.

Der Tag glitt weiter voran und ich nahm meine Tätigkeiten wieder auf, als ich eine Stimme hörte. Dem Klang folgend fand ich eine kleine Gestalt in unserer Waschküche vor.

„Hallo. Wo kommst du denn her?“

„Von draußen. Die Tür stand offen. Ich wollte dir sagen, du bist die Liebe meines Lebens.“ Er strahlte mich an und kam sogleich auf mich zugestürzt, um seine Arme um meine Taille zu schließen und seinen Kopf mit einer sanften Geste an mein Brustbein zu legen. Ein Hauch einer Berührung, einem Schmetterlingsflügelschlag gleich. Solch kindliche Liebesbezeugungen war ich gar nicht gewohnt und stand für einen Moment wie erstarrt, bevor ich mich vorsichtig löste und ein Stück zurücktrat.

Ich betrachtete ihn genauer. Es war der kleine Junge, der vorhin den Abschluss gebildet hatte. Er musste inzwischen etwas gegessen haben, denn er roch nicht nur nach Schokoladenkuchen, sondern hatte seine klebrigen Überreste auf meinem Kleid verteilt, wie ich feststellte.

„Meinst du nicht, ich bin etwas zu alt für dich?“

„Nein, ich bin schon fast neun und ich möchte einmal geliebt haben, bevor sie mich holen.“ Sein Gesicht war zart, ein trauriges Lächeln umspielte seinen Mund. Doch am erstaunlichsten waren die braunen Augen, die schon sehr erwachsen wirkten.

„Wer will dich holen?“

Ich wartete, aber ohne mir zu antworten, war er schon durch die Tür verschwunden.

Am Telefon berichtete ich meinem Mann, was gerade geschehen war, als es im Obergeschoss polterte. „Bleib mal dran. Ich geh mal nachschauen.“ Mein Mann riet mir zur Vorsicht und ich schlich mit dem Apparat in der Hand die Treppe hoch. In einem Raum saßen zwei kleine Mädchen und schauten mich mit großen leeren Augen an. Es war totenstill. Mir wurde eiskalt, obwohl ich durch die Fensterscheiben in den sonnigen und blühenden Garten blicken konnte, hatte ich das Gefühl, die Temperatur im Raum wäre erheblich gesunken. „Was ist los? Sag doch was!“ Endlich drang die Stimme meines Mannes zu mir durch, und noch während ich ihm berichtete, erhoben sich die beiden Mädchen und gingen hölzern die Treppe herunter. Ich stand immer noch wie angewurzelt und als ich endlich unten ankam, war das Haus leer.

Mein Mann riet mir, die Polizei zu rufen, aber was sollte ich sagen. Wir waren noch recht neu im Dorf. „Bei mir im Haus waren Kinder. Sie sind sauber und gut genährt, benehmen sich 1 A und für einen bin ich die Liebe des Lebens.“

Ich hatte keinen Zeugen. Da kommen doch gleich die Männer mit dem Jäckchen und dem Verschluss auf der Rückseite. Also entschied ich mich selbst nachzuforschen und suchte die Villa auf. Dort war alles Verlassen und öde. Alles Klopfen und Rufen half nichts.

In den nächsten Tagen hielt ich immer mal wieder Ausschau, aber die Mädchen ließen sich nicht mehr blicken. Der kleine Junge aber kam jeden Tag. Umarmte mich einmal und verschwand wieder. Alle Versuche, etwas von ihm zu erfahren, scheiterten. Ich fand es merkwürdig, aber die Vorstellung, ein Jungenschwarm zu sein, auch ganz niedlich.

Nach einem ungewöhnlich heißen Tag braute sich am Abend ein Unwetter zusammen. Der Himmel war kohlschwarz, nicht ein Tier war zu sehen oder zu hören. Es war gespenstisch still. Alle Vögel und Insekten hatten sich verkrochen und es roch leicht nach Schwefel. Blitze und grollende Donner rollten in der Ferne und kamen in schnellem Tempo näher. Ich stand am Fenster und hatte alle Lichter bis auf einige Kerzen gelöscht. Als das Gewitter direkt über dem Haus tobte, klopfte es laut an der Vordertür.

Ich erstarrte. Was sollte ich tun, ich war allein. Ich verharrte ein Moment. Wartete. Lauschte. Schluckte. Knetete die Finger. Es klopfte erneut. Lauter. Dringlicher. Ich atmete tief ein und aus.

Ach was solls. Ich kann doch bei so einem Wetter keinen vor der Tür stehen lassen. Womöglich war es ein Kind. Also öffnete ich.

Vor mir stand ein kleiner Mann. „Ist er hier?“
„Wer?“
„Ben. Dunkle Haare fast neun Jahre.
„Nein. Warum läuft er denn bei diesem Wetter herum?“
„Er ist ausgebüxt. Er wollte sich wohl verabschieden.
Die anderen sind schon weg. Sie sind hier nicht mehr sicher.“
„Ich verstehe nicht.“
„Das glaube ich, aber ich habe keine Zeit. Ich muss ihn finden, und zwar schnell.“
„Ich komme mit.“

Flugs hatte ich mein Regencape übergeworfen und Gummistiefel angezogen. Mit einer Taschenlampe ausgerüstet suchten wir das ganze Dorf ab. Nichts. Inzwischen goss es wie aus Kübeln. Trotzdem gingen wir weiter und erweiterten den Radius. Pünktlich mit Betreten des angrenzenden Waldes erlosch die Lampe. Die Batterie war leer. Stockdunkel und nur durch die Blitze erhellt schritten wir rufend die Wege ab. Die Sicht war gleich null. Irgendwo musste eine kleine Wanderhütte sein, das wusste ich, aber durch das Hin und Her und die Dunkelheit hatte ich jede Orientierung verloren. Stundenlang tobte das Unwetter und wir drehten uns gefühlt im Kreis, bis wir ein Lichtschimmer erblickten. Endlich. Die Hütte.

„Warten sie hier. Ich schau erst einmal allein nach.“ Eh ich etwas sagen konnte, war der Mann durch die Tür verschwunden.

So stand ich und wartete. Sekunden häuften sich zu Minuten. Von drinnen war kein Laut zu hören. Als ich die Spannung nicht mehr aushielt, betrat ich die Hütte. Der kleine Junge lag zusammengerollt wie eine Katze auf einem Feldbett. Als er die Augen öffnete, lächelte ich ihn aufmunternd an.

Er aber schaute mit leerem Blick durch mich hindurch.

In mir zog sich alles zusammen. Völlig durchnässt, zitternd und mit klappernden Zähnen hockte ich mich vor ihm nieder. Eins war sicher. Diesen Blick würde ich nie vergessen. Ein Schluchzer entwich meiner Kehle, als ich meine Hand vorsichtig auf seine Schulter legte.

„Wir sind zu spät gekommen“, hörte ich die leise Stimme des Mannes, der mit seinen hängenden Schultern noch um vieles kleiner wirkte als zuvor.

Es ist schon viele Jahre her.
Ich war die Liebe seines Lebens.
Ben.
Ich habe ihn nie wiedergesehen.

Ich hoffe, euch hat meine kleine Geschichte gefallen. Ob sie auch zur Abkühlung beigetragen hat, kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber wenn ich euch unterhalten konnte, würde mich das sehr freuen.

Habt wieder eine schöne Zeit.

Herzenswünsche

 

Moin und Hallo

Schön, euch wieder dabei zu haben. Es hat sich für mich zu einer kleinen Besonderheit entwickelt, zweimal im Monat etwas auf meine Blogseite zu setzen. Manchmal ergeht es mir allerdings wie Paula, die im Moment mit einem großen Spektrum an Gedanken zu kämpfen hat.

Paula saß vor ihrem Laptop und starrte auf die weiß schimmernde Seite. Früher hatte sie auf leeres Papier geschaut. Ob man das nun Fortschritt nennen konnte? Sie wusste es nicht. War ihr auch egal. Es konnte doch nicht so schwer sein, den Text niederzuschreiben. Aber ihr fehlte es eindeutig an der nötigen Konzentration. Die Gedanken waren immer noch wie fokussiert. Auf ihn. Dabei war ihr Verhältnis beileibe nicht als innig zu betrachten gewesen. Eher so mit Vorsicht und gebremsten Schaum.

In den Anfängen war es ein ständiger Kampf. So hatte sie es zumindest empfunden. Aber im Laufe der letzten Jahre war eine Ruhe eingetreten. Nun war daraus eine Stille geworden.

Ein Text, den sie gelesen hatte, kam ihr in den Sinn. Er handelte von der Lebensuhr. Wahrscheinlich hätte sie den Poetry unter normalen Bedingungen gar nicht beachtet. Aber nun passte er. Zu ihr und ihrer Stimmung.

Sie schaute auf den Bildschirm. Inzwischen war er schwarz. Ihr war es nicht aufgefallen. Saß sie noch im Gedankenloch und hatte das Zeitfenster überschritten. „Es ist schon komisch mit dem Phänomen Zeit“ überlegte sie.

Im Grunde genommen ist sie für alle gleich lang. Der Tag hat 24 Stunden, 1440 Minuten, 86400 Sekunden. Nur wie der Zeitraum gestalte wird, ist unterschiedlich. Es ist wichtig, das Leben zu genießen. Vielleicht gelingt es nicht jeden Tag, aber es gibt die Möglichkeit der Einflussnahme. Paula nahm sich vor, wieder etwas besonnener durch den Tag zu gehen und achtsamer zu schauen, wo ihre Gedanken hinwandern. Es ist alles eine Sache der Betrachtung. Das berühmte halb volle oder leere Glas.

Paula seufzte. Früher hatte sie immer genervt mit den Augen gerollt, wenn ihr das Beispiel zu Ohren kam. Inzwischen sah sie den markanten Unterschied.

Also. Halbvoll. Sie atmet tief ein und tippte die Überschrift in dicker schwarzer Farbe.

Herzenswünsche

Einen hatte sie sich erst letztens erfüllt. Schon wieder drifteten ihre Gedanken ab. Aber dieses Mal lag ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Waren die Erinnerungen an die gemeinsam verbrachte Woche doch noch sehr präsent.

Viele Anekdoten kamen ihr in den Sinn. Unmengen von kleinen Vogelarten, Fischreihern, Kormorane und anderen Tieren hatten sich als Bilder in ihr Gedächtnis eingebrannt. Wenn sie die Augen schloss, sah sie die Landschaft an ihr vorbeiziehen und empfand sofort wieder diese Ruhe. Auf den durchfahrenden Seen tummelten sich die Segler oder kleinere Motorboote und fuhren teilweise in Kolonne mit Kind und Kegel. Der Menschenschlag war bezaubernd und die Städte klein und beschaulich. Es gab auch Großstädte, aber da waren sie nicht gewesen.

Jetzt, wo ihr die Erinnerungen wieder so nah vor den Augen stand, blickte sie erneut auf ihre Überschrift, setzte Doppelpunkte hinter das Wort und fing an, ihre Liste niederzuschreiben.

Das Leben ist nun mal endlich. Einerseits unschön, auf der anderen Seite aber zweckerfüllend. Und mit dem Gedanken, dass man nur ein Zeitfenster x hat, ist es gut, sich zu überlegen, wie man es nutzen möchte.

Zumindest an vielen Tagen. Von Paula inspiriert werde ich meine Herzenswünsche ebenfalls auf eine Liste setzte, damit ich auch keinen verliere auf dem Weg meines Lebens. Vielleicht probiert ihr es ebenfalls aus?

Habt wieder eine schöne Zeit und genießt dieses prima Wetter da draußen.