Früher war mehr Lametta

Moin und Hallo

Ich freue mich, euch wieder dazuhaben.

Es ist Februar. Kaum zu glauben. Das beinhaltet, der Januar ist zu Ende.
Ein Zwölftel des Jahres ist schon vorbei oder erst. Es ist immer eine Sache der Betrachtung. Da kommt bei mir doch mal wieder das gute, alte „Früher Gefühl“ hoch. Muss an dem Wetter da draußen liegen. Dieser geschönte Blick auf ehemalige Zeiten, die schon so lange zurückliegen, dass da gar keine Realität mehr vorhanden sein kann.

Aber mal ehrlich. Früher habe ich den Januar als megalang empfunden. Nach dem ereignisreichen Dezember mit den schönen Aktivitäten wie Weihnachtsmarkt, Weihnachtsfeier und den Feiertagen kam mir der Januar unendlich lang vor. Die Tage tröpfelten so dahin und ein acht Stunden Tag war mindestens doppelt so lang. Wenn ich dann auf den Kalender geschaut habe, war es erst Mitte des Monats. Ich fand es schrecklich. Tage wie Kaugummi. Und recht langweilig dazu. Das Fernsehprogramm war nicht so dolle. Na ja, ob sich da was geändert hat? Lass ich mal so stehen.

Heute komme ich mir ständig vor wie auf einer Überholspur. Alles soll flott erledigt werden und der Informationsfluss kommt nicht nur wellenförmig, sondern flutartig daher. Die neuesten Nachrichten können ständig abgerufen werden. Wer sein Handy nicht im Schrank eingesperrt hat oder auf lautlos stehend außer Sichtweite verband hat, der wird „beblinkt „ oder „beklingelt „ Es dudelt und knattert aus allen Ecken und Taschen. Eine Nachricht möge doch bitte am besten noch sofort bearbeitet oder beantwortet werden. Jede Nachricht, eine Entscheidung, ein Gefühl, manchmal ein kann oft ein Muss.

Ha. Müssen musste man früher auch schon. Und das nicht zu knapp. Die Arbeit war körperlich sehr schwer. Tagein tagaus. Abwechslung war da nicht gerade großgeschrieben. Medientechnisch war Abwarten die Kunst der Stunde. Das meiste ging mit der Post (aber, die kam da wenigstens noch regelmäßig) oder per Telefon und wenn es ganz eilig war per Telegramm. Nichts ging schnell. Da konnten schon mal ein paar Tage ins Land ziehen, eh was passierte.

Kein spontanes Umentscheiden oder Wechsel des Ortes bei einer Verabredung. Ein Wort war ein Wort, sonst hat man sich nicht gefunden. Keine Fete, die nicht schon Tage vorher akribisch genau geplant werden musste. Auf gut Deutsch. Spontan war nicht so üblich. Früher hat man eher genervt von einem Bein aufs andere getreten vor Ungeduld. Aber wenn gefeiert wurde, dann hoch die Tassen. Und egal ob man die Nacht zum Tag gemacht hatte, am nächsten Morgen ging es zur Schule / Arbeit etc. Mit oder ohne Augen. Man gab sein Bestes, denn z. B. jegliche Art von Verschriftlichung an der Schreibmaschine musste bei Fehlern erneut geschrieben werden. Von wegen löschen. Wurde zu kräftig auf die Tasten gehauen, war der ganze Buchstabe weggestanzt.  Das bedeutete ebenfalls, alles erneut vorzulegen. Spätestens dann war man bestimmt wach.

Heute geht alles nicht schnell genug.

Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten. Denn die Vorstellung, wie es laufen sollte, die ist geblieben.

Mal Hand auf Herz. Ist uns bestimmt allen schon mal passiert, dass man sich darüber aufregt, weil die gesendete Nachricht noch nicht einmal gelesen wurde. Der eigene, gut ausgeklügelte Plan ist dahin. Entweder man ist in Zugzwang oder steht auf dem Abstellgleis. Es ist schwer, sich dagegen zu wehren. Wer versucht sich da etwas rauszuziehen und nicht immer sofort reagiert, kommt sich schon fast verwegen vor. Ist ein bisschen wie ein Abenteuer oder wie gegen den Strom schwimmen. Rebellion im kleinsten Sinne. Das Abwarten haben wir im Laufe der letzten Jahrzehnte ziemlich verlernt. Dabei würde so ein bisschen Langsamkeit vielleicht ganz guttun. Nur mal so ein Moment. Um runterzukommen. Um durchzuatmen.

Um dann zu erkennen, wie es früher war. Nicht besser. Nur anders.

Früher war halt mehr Lametta.